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CCC, Staatsanwaltschaft und Kinderschutzbund gegen Chatkontrolle

2023-02-28 21:34:24, linus

In der heutigen Anhörung des Digitalausschusses wenden sich alle geladenen Sachverständigen gegen die geplante EU-Verordnung zur Chatkontrolle. Der CCC veröffentlicht seine schriftliche Stellungnahme.

Datenschutz und Kinderschutz lassen sich nicht gegeneinander ausspielen

Befürworterinnen der Chatkontrolle, allen voran Ylva Johansson, sind stets bemüht, Datenschutz und Kinderschutz als Gegensätze darzustellen. So soll eine Überwachungsinfrastruktur von ungeahntem Ausmaß gerechtfertigt werden. Doch die Chatkontrolle setzt am falschen Ende an: Sie geht am Ziel vorbei, löst kein Problem und verletzt auch noch die Grundrechte von Kindern.

“In dieser Debatte werden häufig Datenschutz und Kinderschutz gegeneinander ausgespielt - ein der Sache nicht gerecht werdender Ansatz. Die Kinderrechte brauchen beides: das Recht auf körperliche Unversehrtheit, aber auch das Recht auf geschützte Kommunikation,” schreibt Joachim Türk vom Kinderschutzbund e.V. in seiner Stellungnahme an den Digitalausschuss.

Staatsanwalt warnt vor Signalwirkung für autoritäre Staaten

Mit dieser Einigkeit zwischen Kinderschützerinnen, Datenschützerinnen und Bürgerrechtlerinnen dürfte die EU-Kommissarin nicht gerechnet haben. Von den geladenen Sachverständigen zur heutigen Anhörung im Digitalausschuss lässt keine ein gutes Haar an dem Verordnungsentwurf.

So warnt Markus Hartmann, Leitender Oberstaatsanwalt der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime NRW, vor Hacking-Risiken und autoritären Tendenzen: “Es ist daher aus Sicht der Informationssicherheit von einem gesteigerten Risiko auszugehen. Hinsichtlich der Signalwirkung für autoritäre Staaten besteht hier eine besondere Sachkunde nicht.”

Chatkontrolle löst noch nicht einmal das Problem

Als Vertreterin des Chaos Computer Clubs wurde Elina Eickstädt als Sachverständige geladen. Sie gießt den realitätsfernen Überwachungsfantasien der EU-Kommissarin reinen Wein ein. Was Johansson sich vorstellt, ist technisch nicht realisierbar. Schlimmer noch: Es geht auch am Ziel vorbei.

Kriminelle nutzen bereits heute Verbreitungswege, die von diesen Scans nicht betroffen wären und werden auch in Zukunft den Scans leicht entgehen. Es ist allgemein bekannt, dass Messenger und soziale Netzwerke sich nicht für die kriminellen Bildersammler eignen. Dennoch will Johansson genau diese Massenplattformen mit fehlerhafter KI vollüberwachen.

“Um zu verhindern, dass es zu hunderttausenden Falschmeldungen pro Tag kommt, setzen große Unternehmen bereits heute Content-Moderatorinnen zum Vorsortieren ein. Somit würden zu Unrecht klassifizierte Bilder zunächst durch viele Hände gehen. Der Einsatz von KI im Zusammenhang mit hoch vertraulicher Kommunikation bringt mehr Risiken mit sich, als dass er das eigentliche Problem löst,” erklärt Elina Eickstädt in ihrer Stellungnahme.

Ausweispflicht durch die Hintertür

Bisher wenig Aufmerksamkeit erhielt die vorgesehene “Altersverifikation,” welche nur durch eine Internet-Ausweispflicht erreicht werden könnte. Die Kommission plant hier nichts anderes als die Abschaffung der Anonymität im Internet. Damit würde eine weltweite Präzedenz geschaffen, die selbst in Russland oder China noch undenkbar ist.

Bundesregierung muss Chatkontrolle verhindern

Die von den Sachverständigen vorgetragenen Argumente sind nicht neu – EU-Kommissarin Ylva Johansson versperrt sich jedoch weiterhin jeder Ratio und jeder unabhängigen Beratung durch Fachkundige. Sie will das von Hollywood-Schauspieler Ashton Kutcher beworbene Überwachungssystem unbedingt einführen.

Nach anhaltender Kritik hat Innenministerin Nancy Faeser zögerlich begonnen, die Position ihres Hauses an die verbindlichen Vereinbarungen des Koalitionsvertrags anzupassen. Diese späte Besinnung auf Grundrechte und Koalitionsvertrag muss nun konsequent durchgezogen werden: Wir fordern Bundesregierung auf, den realitätsfernen Überwachungsfantasien endlich eine klare Absage zu erteilen.

Der Vorschlag zur Chatkontrolle-Verordnung ist vollständig abzulehnen. Wenn wir Kinder und Jugendliche effektiv schützen wollen, muss dies zusammen mit Strafverfolgungs-, Kinderschutz- und Technologieexpertinnen, und nicht gegen sie geschehen:

„In ihrer derzeitigen Form würde die Verordnung eine nie da gewesene Überwachungsinfrastruktur schaffen, die weder grundrechtskonform noch technisch realisierbar ist. Der Verordnungsentwurf ist ungeeignet, das erklärte Ziel zu erreichen und würde in der Praxis neue Probleme für die Strafverfolgung aufwerfen, statt zielgerichtet und effektiv schwerwiegende Straftaten zu bekämpfen“, stellt Elina Eickstädt fest.

Anhörung und Stellungnahme

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