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„Sicherheitspaket“ mit biometrischer Massenüberwachung: Die Ampel ist bankrott

2024-10-18 11:39:08, khaleesi

Das heute im Bundestag beschlossene „Sicherheitspaket“ bringt gefährliche Überwachungsbefugnisse und bricht die Versprechen der Parteien der Ampelkoalition und zugleich den Koalitionsvertrag.

Die heute beschlossene Form der biometrischen Massenüberwachung, die noch per Verordnung technisch näher geregelt werden soll, ist nicht möglich, ohne dafür massenhaft biometrisches Datenmaterial aus dem Netz zu scannen und zu analysieren oder auf kommerzielle Dienstleister dafür zurückzugreifen.

Versprochen haben die Parteien der Ampel aber genau das Gegenteil: Sie wollten den seit vielen Jahren anwachsenden staatlichen Datensammlungen einen Riegel vorschieben. Doch anstatt der biometrischen Massenüberwachung eine Absage zu erteilen, werden nun Gesichter und Stimmen als biometrische Merkmale analysiert und gehortet.

Die dafür notwendige Technologie konnte hinsichtlich Risiken und Konsequenzen gar nicht erst geprüft werden, da es schlicht seitens der Regierung keine Auskunft gab, wie der massenhafte Abgleich technisch vorgenommen werden soll. Dreister geht es wohl kaum, um sich um die notwendige Diskussion rumzudrücken.

Zwar wurde nach einer Sachverständigen-Anhörung im Bundestag die Schwelle für den Einsatz der biometrischen Überwachungsinstrumente angehoben und soll nun für die Verfolgung „besonders schwerer Straftaten“ verwendet werden, aber das eigentliche Problem bleibt bestehen: Die Verwendung solcher Technologien setzt voraus, dass Strafverfolgungsbehörden umfangreiche Datensammlungen anfertigen, weiterentwickeln und optimieren oder sich dafür kommerzieller Anbieter bedienen.

Betroffen sind nicht nur Straftäter und Menschen im Asylverfahren, sondern wir alle. Es sind unsere Gesichter und Stimmen, die gescannt, biometrisch klassifiziert und gespeichert werden.

Biometrische Massenüberwachung ist ein Werkzeug, das sich nicht zielgerichtet auf einzelne Personen richten lässt. Damit ist sie nicht geeignet, Sicherheit herzustellen, sondern schafft die Grundlage für einen ausufernden Überwachungsstaat.

Tür offen für Palantir und Konsorten

Neben der biometrischen Datensammlung bringt das Überwachungspaket auch noch neue Möglichkeiten für den Einsatz polizeilicher Analysesoftware, die das Zusammenführen und exzessive Sammeln und Analysieren von Daten von Millionen Menschen ohne große Hürden erlaubt. Die zusammengelegten polizeilichen Datenbanken können mit einem nicht weiter spezifizierten Mix von „KI-Anwendungen“ durchforstet werden.

Das ist ein weiteres kaum kontrolliertes Massenüberwachungsinstrument, das eine riesige Anzahl von Menschen betrifft und KI-generierte Ergebnisse ohne jegliche Nachvollziehbarkeit liefern soll. Erst im letzten Jahr wurde durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts deutlich, dass polizeiliche Daten nicht unkontrolliert vermengt, gesammelt und analysiert werden dürfen. Doch genau das hat die Ampel nun durchgewunken.

Überwachung des öffentlichen Raums

Das sog. „Sicherheitspaket“ bietet keinen sinnvollen Schutz vor einer vollumfänglichen Überwachung des öffentlichen Raums oder des Internets. In einer Zeit mit starkem Rechtsdrall sollte die noch regierende Ampel das Recht, sich frei und unbeobachtet bewegen zu können, mehr denn je schützen und damit die Grundlage für eine wehrhafte Zivilgesellschaft verteidigen. Dass sie das Gegenteil in Gesetze gießt, ist ihr Bankrott.

„Das nun beschlossene Sicherheitspaket zeigt, dass die Ampel entgegen ihren Versprechungen bei der Überwachung keine Grenzen zieht. Ganz nach dem Vorbild vorheriger Regierungen baut sie Bürgerrechte weiter ab und schafft mit biometrischen Massenscans eine gefährliche neue Dimension der Überwachung“, sagt Elina Eickstädt, Sprecherin des Chaos Computer Clubs (CCC).

Die beschlossenen Maßnahmen sind kein geeignetes Mittel, Täter wie solche in Solingen aufzuhalten. Dass Technik noch nie dazu geeignet war, gesellschaftliche Probleme zu lösen, ist eine Binsenweisheit. Aber sie hat das Potential, eine Gesellschaft zu verändern, nämlich dann, wenn drastische Überwachungsbefugnisse in Gesetzestexte gegossen werden.

„Dieses Gesetzespaket ist nicht nur ein Bruch der Vereinbarungen im Koalitionsvertrag und ein gefährliches Einknicken gegenüber dem aktuellen Rechtsdrall, sondern bedeutet auch einen massiven Vertrauensverlust für die Zivilgesellschaft“, sagt Elina Eickstädt, Sprecherin des CCC.

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