Bei der bayerischen Kommunalwahl beobachteten interessierte Wähler und bayerische Mitglieder des Chaos Computer Clubs (CCC) eine Reihe schwerwiegender Probleme und realer Manipulationsrisiken, die das Vertrauen in die eingesetzten Barcode- und Computer-Zählsysteme weiter in Frage stellen. Vor den Risiken der computerisierten Auszählung hatte der CCC bereits im Vorfeld gewarnt. [1]
Der Sprecher des CCC, Dirk Engling, faßte die Beobachtungen zusammen: Die Auszählung von Stimmen mit Barcode und Computer bringt in der Praxis keine Vorteile, die in irgendeinem Verhältnis zu den Risiken von Fehlern und Manipulationen stehen. Theoretisch gibt es hier zum Nachzählen zwar noch Papierzettel, in der Praxis wird den Ergebnissen der intransparenten und äußerst unzulänglichen Zählprogramme aber vertraut.
In der Gemeinde Unterschleißheim etwa wurde einer SPD-Kandidatin auf dem Wahlzettel der gleiche Barcode zugeteilt wie ihrem Konkurrenten von der CSU. Dieser Fehler der Druckerei blieb bei zwei im Vorfeld durchgeführten Testdurchläufen unbemerkt. Erst in der dritten Gemeinde fiel das Versehen auf. Da es nicht mehr gelang, die Wahlzettel zu korrigieren, mußten die Wahlhelfer diesen Umstand bei der Auszählung berücksichtigen. Ob in anderen Wahlkreisen solche Fehler unbemerkt zu verfälschten Wahlergebnissen geführt haben, ist nicht mehr nachvollziehbar.
In verschiedenen Gemeinden wurden die Computer, auf denen die Auszählsoftware lief, nicht nur von Wahlhelfern, sondern sogar von amtierenden Stadträten von zu Hause mitgebracht. Das Programm der Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung Bayern (AKDB) wurde teilweise ohne jegliche Manipulationsicherung über das Internet an die Gemeinden verteilt. Das Login-Paßwort für den Zugang zur Wahlkonfiguration war in mindestens einer Stadt auf „123456“ gesetzt und lag offen sichtbar im Wahllokal.
Die Wahlhelfer waren mit der Bedienung des Systems vielfach überfordert: Die versprochene sorgfältige Überprüfung der Stimmenerfassung wurde in den meisten Fällen nicht durchgeführt. So war vorgesehen, den Wahlhelfern beim Scannen eine zweite Person zur Seite zu stellen. Diese sollte überprüfen, ob die gewählten Kandidaten korrekt von der Software gezählt werden. Um die etwas zähe Prozedur zu beschleunigen, wurde jedoch oft "blind" und so schnell gescannt, daß auch Fehlermeldungen in der Software übersehen wurden. Verwechslungen und Irrtümer waren somit an der Tagesordnung.
Im Landkreis Bad Tölz wurden zu allem Überfluß Wahlzettel auf grünem Papier verwendet, die durch mangelnden Kontrast zu einer sehr schlechten Barcode-Erkennung führten. Somit mußte der Barcode jedes Kandidaten mehrfach abgestrichen werden. Auch in etlichen anderen Gemeinden dauerte die Auszählung länger als eine gut organisierte Handauszählung.
Die Vorkommnisse bei der bayerischen Auszählung sind der Super-GAU für diese Systeme. Insbesondere das Vertrauen in die Barcode-Auszählung ist damit komplett ruiniert, kritisierte CCC-Sprecher Dirk Engling die blinde Technikgläubigkeit der bayerischen Kommunen.