Mit der Terrorist Content Online Regulation (TCO) will die Europäische Kommission die Verbreitung terroristischer Inhalte im Internet verhindern. Doch der nun eingebrachte Vorschlag gefährdet Meinungs-, Presse- und Forschungsfreiheit. Der CCC warnt erneut vor der Einführung von Uploadfiltern.
Kurz vor dem Abschluss der Verhandlungen zwischen Parlament, Kommission und den Mitgliedsstaaten versuchen die deutsche Ratspräsidentschaft und die EU-Kommission nun mit einem erneuten Vorstoß, Uploadfilter in die TCO aufzunehmen: Inhalte, die von einem Mitgliedsstaat nach eigenem Ermessen als „terroristisch“ eingestuft werden, sollen innerhalb einer Stunde von Plattformen gelöscht und das erneute Hochladen verhindert werden.
Plattformen sollen „proaktive“ und „spezifische Maßnahmen“ treffen, um das erneute Hochladen von als „terroristisch“ eingestuften Inhalten zu verhindern. Das ginge nur mit Uploadfiltern.
Nach Annahme der umstrittenen Urheberrechtsreform verlangte die deutsche Bundesregierung noch, „Uploadfilter nach Möglichkeit zu verhindern“. Auch entgegen dem Koalitionsvertrag werden Uploadfilter in der TCO allerdings jetzt von der Bundesregierung unterstützt.
Wir fordern den vollständigen Verzicht auf Uploadfilter.
Und dafür gibt es gute Gründe:
Uploadfilter müssten sämtliche Inhalte prüfen, die von Nutzern hochgeladen werden. Da wenige Plattformen diesen immensen Aufwand leisten können, droht damit eine Zentralisierung auf wenige große Anbieter. Also werden erneut kleinere Plattformen hart belastet, während die kommerziellen Werbenetzwerke und großen Konzerne ihre Macht zementieren können.
Nach Vorstellung der Kommission müssten Plattformen künftig innerhalb von einer Stunde nach Eingang einer Beschwerde reagieren. In dieser Zeit ist dann darüber zu entscheiden, ob es sich um einen als „terroristisch“ eingestuften Inhalt oder etwa einen vom Zitatrecht gedeckten journalistischen Inhalt oder vielleicht Satire handelt. Insbesondere kleine und nicht-kommerzielle Plattformen können kaum den nötigen Aufwand leisten und die Kosten aufbringen, um eine solche Frist rund um die Uhr einhalten zu können. Für Community-Plattformen ist dies nicht weniger als die Bedrohung ihrer Existenz.
Wir fordern eine Lockerung der Anforderungen für kleine Plattformen.
Uploadfilter sind nicht nur fehleranfällig, sondern berücksichtigen auch nicht den inhaltlichen Kontext einer Veröffentlichung. So kann das gleiche Bild für Propaganda einer terroristischen Vereinigung oder zur Presseberichterstattung genutzt werden. Probleme mit Overblocking sind also vorprogrammiert.
Bisher ist das Risiko der Unterdrückung legitimer journalistischer Inhalte und Meinungen in Deutschland noch gering. Darauf sollten wir stolz sein. Mit Sorge beobachten wir – wie übrigens auch die Kommissionspräsidentin – beunruhigende Entwicklungen in anderen, auch europäischen Ländern. Dem dürfen wir nicht noch Vorschub leisten, indem Uploadfilter in Europa verpflichtend werden. Und dass Uploadfilter fehlerfrei arbeiten würden, behaupten ja nicht mal die härtesten Verfechter.
Wir fordern den vollständigen Verzicht auf automatisierte Löschungen.
Der aktuelle Verhandlungsstand sieht nicht vor, dass Inhalte von Bloggerinnen, Content-Produzentinnen (etwa YouTuberinnen) und Nichtregierungsorganisationen den journalistischen Schutz genießen dürfen. Auch die kulturelle und die dokumentarische und wissenschaftliche Arbeit braucht besonderen Schutz gegen Uploadfilter.
Wir fordern explizite Ausnahmen für journalistische, archivarische, künstlerische und dokumentarische Nutzung in Bildungskontexten.
Institutionen anderer europäischer Länder könnten durch Löschanordnungen unbequeme Inhalte in Deutschland und europaweit entfernen lassen. Gleichzeitig werden die – meist außerhalb der EU ansässigen – Großplattformen zu Hilfssheriffs für die Einhaltung der europäischen Grundrechte auserkoren, da allein ihnen die Kompetenz zugesprochen wird, einer Löschanordnung zu widersprechen. Das ist so offensichtlich falsch und kurzsichtig, dass sich die Balken biegen und sich die Diktatoren dieser Welt nun ins Fäustchen lachen können.
Wir fordern einen adäquaten Rechtsweg für Löschanweisungen.
„Uploadfilter haben katastrophale Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft. Für die Verbreitung tatsächlicher terroristischer Inhalte stellen sie indes keine Herausforderung dar“, sagte Linus Neumann, Sprecher des Chaos Computer Clubs.
Es wird Zeit, dass Bundesregierung und Kommission endlich erkennen, dass ihre unselige Uploadfilter-Idee an der Realität scheitert.