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CCC hackt Hotel-Schlösser der neuesten Generation

2019-08-08 15:05:33, linus

Sicherheitsforscher des CCC haben eine Schwachstelle in Bluetooth-basierten Hotelschlössern der neuesten Generation entdeckt. Details werden beim diesjährigen Chaos Communication Camp päsentiert. Der Hersteller ist informiert, ein Update für betroffene Schlösser ist für Ende des Monats angekündigt.

Nahezu täglich wechselnde Gästebelegung, Zutrittsmöglichkeiten für Hotel-Personal, Bedarf an Zweit- und Drittschlüsseln bei Mehrbettzimmern, häufig verlorene oder im Zimmer vergessene Schlüssel: Hotel-Schlössern kommt auf dem Markt der Schließsysteme eine besondere Rolle zu.

Die vielfältigen und breiten Anforderungen, gepaart mit einem hohen Anspruch an den Bedienkomfort, machen Hotel-Schließsysteme zu einem der innovationsfreudigsten Bereiche der Sperrtechnik. Mechanische Schlösser sind nur noch selten anzutreffen: Längst dominieren SmartCard-basierte, in der Regel kontaktlose Lösungen das Feld.

Die neueste Generation verspricht dabei nicht nur den Verzicht auf den handlichen Schlüssel im Kreditkartenformat, sondern auch gleich auf die Schlange am Checkin-Schalter: Nach einem Online-Checkin per Smartphone-App lässt sich das Hotelzimmer direkt mit der App öffnen. Zum Einsatz kommt dabei die aktuelle vierte Generation der Bluetooth-Funktechnologie.

Angriffsszenario

Die CCC-Sicherheitsforscher Michael Huebler und Ray suchen seit vielen Jahren die sportliche Auseinandersetzung mit Schließsystemen aller Art. Im Rahmen ihrer Forschungen haben sie Anfang 2019 eine Schwachstelle in einem solchen modernen Schließsystem entdeckt: Nach Analyse eines Funk-Mitschnitts nur eines einzigen kabellosen Entsperrvorganges kann der dem Schließverfahren zugrunde liegende Schlüssel extrahiert und danach zum beliebig häufigen Öffnen des Schlosses genutzt werden. Ein solcher Mitschnitt lässt sich zum Beispiel auch im Fahrstuhl oder im Sportbereich des Hotels anfertigen, wenn diese einer Zutrittskontrolle mit dem gleichen Schlüssel unterliegen.

Technischer Hintergrund

Das Bluetooth-Signal selbst kann mit günstiger Consumer-Hardware für unter 30 € mitgeschnitten werden. Die betroffenen Schlösser sind allerdings gegen triviale Replay-Angriffe, bei denen das gleiche Funksignal plump noch einmal „abgespielt“ wird, effektiv geschützt.

Es kommt darüber hinaus ein vom Hersteller selbst entwickeltes Challenge-Response-Verfahren zum Einsatz. Auf aktuelle starke Kryptografie wird dabei ebenso verzichtet wie auf einen Schlüssel – was bei einem Schloss nicht einer gewissen Ironie entbehrt.

Das bedeutet: Wer das besser als „Verschleierung“ zu bezeichnende Verfahren kennt, kann auch aus mitgeschnittenen Daten leicht die Klartextnachricht extrahieren – ein Verstoß gegen grundsätzliche Anforderungen an kryptografische Verfahren.

Technische Details werden die beiden Forscher Ende August auf dem Chaos Communication Camp bei Berlin und auf der Black Hat Conference in Las Vegas präsentieren.

Einordnung des Risikos

Ältere und weiter verbreitete Hotelschloss-Generationen haben teilweise nie behobene Schwachstellen, die nicht selten ein Kopieren der Zugangskarten mit trivialen Methoden oder auch direkte Angriffe auf die Schlösser ermöglichen. Auch das freundliche Fragen nach dem angeblich im Zimmer vergessenen Schlüssel an der Rezeption gehört zu den potenziellen Risikoszenarien eines Hotelgastes.

Der von den Forschern entwickelte Angriff betrifft die neueste Generation von Hotelschlössern, welche gerade erst ausgerollt wird und deshalb erst in vergleichsweise wenigen Hotels zum Einsatz kommt. Durch die noch geringe Verbreitung ist es dem Hersteller möglich, mit einem Update zu reagieren und mit überschaubarem Aufwand sicherzustellen, dass die Schwachstelle auch wirklich im Feld behoben wird. Der Angriff ist zudem nur auf Nutzer anwendbar, die das System auch tatsächlich mit dem Handy als Schlüssel nutzen.

„Wir freuen uns, dass wir die Schwachstelle so früh gefunden haben. So können wir wirksam zur Verbesserung eines neuen Schließsystems beitragen. Schon in einem Jahr hätten die Chancen sehr viel schlechter gestanden, dass die Mängel noch im Feld behoben werden“, sagte Ray, einer der beiden Sicherheitsforscher des CCC.

Der CCC hat den Hersteller im April 2019 informiert. Seitdem arbeitet der Hersteller an einem umfassenden Update, das die Schwachstelle durch Verwendung eines neuen Verschlüsselungsverfahrens wirksam beseitigen soll. Das Update soll noch im August 2019 vollständig ausgerollt werden.

Empfehlungen an betroffene Hotels

Die Schwachstelle findet sich im System „Mobile Key“ des deutschen Herstellers Messerschmitt. Die betroffenen Hotels und Anbieter wurden in der vergangenen Woche vom Hersteller informiert. Ein Update will der Hersteller noch vor Ende des Monats August 2019 ausrollen.

„Auch wenn wir die technischen Details nicht veröffentlichen, ist davon auszugehen, dass Interessierte den Angriff ebenfalls mit einfachen Methoden implementieren können. Wir raten daher zum umgehenden Einspielen der Updates, sobald der Hersteller sie bereitstellt“, sagte Michael Huebler, Mitglied im Verein Sportsfreunde der Sperrtechnik.

Mit dem Update will der Hersteller die vom CCC gemeldeten Schwachstellen beseitigen. Die Wirksamkeit des Updates hat der CCC zum heutigen Zeitpunkt noch nicht prüfen können.

Empfehlungen an Kundinnen und Kunden

Bis zur Behebung der Schwachstelle durch den Hersteller empfiehlt der Chaos Computer Club auf die Verwendung des Smartphones als „Mobile Key“ bei Schlössern dieses Herstellers zu verzichten. Betroffene Schlösser sind leicht durch die entsprechende Beschriftung zu erkennen.