Die Welt hat sich in den letzten 23 Jahren verändert seitdem der Chaos Computer Club angetreten ist, die Wirkung von technologischer Entwicklung auf Menschen und Gesellschaft zu begleiten. Technik und elektronische Kommunikation sind in Unternehmen, Verwaltung und Unterhaltung inzwischen eine treibende Kraft und ermöglichen erst viele neue Entwicklungen.
Der schöpferisch-kritische Umgang mit Computern ist damit kein Thema für wenige Spezialisten mehr, ohne Bezug zur Lebenswirklichkeit der meisten Menschen. Im gleichen Maße, wie sich die Öffentlichkeit mit dem Hacken beschäftigt, steigt für die Hacker und Haecksen der Anspruch, Werte zu vermitteln und im eigenen Interesse die Gesellschaft zu beeinflussen.
Der CCC hat immer klargestellt, daß mit dem Hacken eine Verpflichtung zum sorgsamen Verhalten eingegangen werden muß. Die Ansprüche an den Umgang mit den gewonnenen Daten – private Daten schützen und öffentliche Daten nützen – gelten für alle, also auch für Unternehmen und Verwaltung.
Aber auch für die Hacker selbst ist die Hackerethik mehr als eine unverbindliche Anleitung zum moralischen Handeln. Sie fordert uns auf, die scheinbaren Gegebenheiten zu hinterfragen und Autoritäten zu mißtrauen, denn hinter dem Schein liegt die Wahrheit. Hacker abstrahieren von Äußerlichkeiten, sie optimieren Strukturen und Abläufe, um damit auch unsere Gesellschaft aktiv zu formen.
In beinahe naiver Überzeugung sind wir bisher davon ausgegangen, daß allein die Auseinandersetzung mit der Maschine die Nutzer befreit und auf Dauer dazu fährt, unsere Welt für alle Menschen besser zu machen.
Offenheit war stets ein Prinzip des Chaos Computer Clubs, was sich darin äußert, daß wir Menschen mit neuen Positionen gerne aufgenommen haben, solange sie nicht mit unseren bisherigen Positionen in Konflikt geraten sind. Damit sind wir auch gut gefahren, weil es den Club um neue Themen bereichert hat. Große Themen wie Bürgerrechte, die Beschäftigung mit Freier Software und Urheberrechten oder Blinkenlights wurden so möglich, die den "Hackerverein" der 80er erweitert haben.
Offenheit ist aber keine Beliebigkeit. Gerade weil sich die Offenheit als nützlich herausgestellt hat, darf man dennoch nicht die Grenzen und unsere historischen Wurzeln vergessen, gerade in einer Zeit, in der nationalistische Inhalte immer mehr in die Mitte der Gesellschaft drängen und die Mitte sich immer mehr im rechten Extremismus, der rassistischen Ausgrenzung und sozialen Ausbeutung verliert.
Vor sechzig Jahren, am 8. Mai 1945, befreiten die Alliierten Deutschland von der Herrschaft der Nationalsozialisten. Um die deutsche Mordmaschine zu stoppen, blieb am Ende keine andere Option mehr als die vollständige militärische Niederschlagung. Auch angesichts der Tatsache, daß die Logistik des Holocausts durch Hollerith-Lochkartenmaschinen vorangetrieben wurde, Züge auf ausgeklügelten Eisenbahnnetzen in die Vernichtungslager rollten und technikverliebte Nazi-Ingenieure an "Vergeltungswaffen" bastelten, ist heute klar, daß vollkommen wertfreie und ohne Blick auf gesellschaftliche Folgen geführte Gespräche über die reine Technik um ihrer Selbst willen nicht mehr möglich sind. Es geht beim Hacken um weit mehr als um Lötkolben und gcc, es geht auch um den Traum von einer besseren und freien Gesellschaft. Der Horizont der Hackerin und des Hackers geht weit über den Bildschirmrand hinaus.
Wir sind eine galaktische Gemeinschaft von Lebewesen, unabhängig von Alter, Geschlecht und Abstammung sowie gesellschaftlicher Stellung, offen für alle mit neuen Ideen. Wer jedoch mit Ideen von Rassismus, Ausgrenzung und damit verbundener struktureller und körperlicher Gewalt auf uns zukommt, hat sich vom Dialog verabschiedet und ist jenseits der Akzeptanzgrenze. Wer es darauf anlegt, das Zusammenleben in dieser Gesellschaft zu zerstören und auf eine alternative Gesellschaft hinarbeitet, deren Grundsätze auf Chauvinismus und Nationalismus beruht, arbeitet gegen die moralischen Grundsätze, die uns als Club verbinden.
Der CCC erklärt das Vertreten von Rassismus und von der Verharmlosung der historischen und aktuellen faschistischen Gewalt für unvereinbar mit einer Mitgliedschaft. Dazu gehören insbesondere die Mitgliedschaft in oder Unterstützung einer rechtsextremen oder rechtsradikalen Organisation. Darunter verstehen wir neben zahlreichen "Freien Kameradschaften" auch beispielsweise Gruppen wie die "Deutsche Liga für Volk und Heimat", DVU, FPÖ, die "Hilfsgemeinschaft Nationaler Gefangener", Lijst Pim Fortuyn (Partij LPF), NPD, ProKöln und Republikaner.