Sven "winni" Gohdes, Ehrenmitglied des Chaos Computer Clubs zeigte uns mit seiner offenen positiven Art viele große und kleine Dinge, welche das Leben noch lebenswerter machen. Trotz seiner Erkrankung an Muskelschwund war er eine stetige Anlaufquelle für lange gemeinsame Stunden sowohl in großer als auch in kleiner Runde, bei Tee und zur Entspannung. Nun ist er im Januar mit 57 Jahren verstorben und wird uns fehlen.
„Och, mal eben auf n Sprung bei winni vorbei“ und schwupps, ging die Sonne auf. Winni hat diese Dimension für immer verlassen.
„An der Ecke steht ein Junge mit einem Fassreifen … Hat nicht weh getan, ist ein Kinderspiel für so einen Hamburger Jungen… “(*) Dieses wurde übersetzt aus einem Hamburger Lied, das er sehr mochte. Ein durch und durch Hamburger Jung, mit Ecken und Kanten. Da winni nicht gut in die Welt hinaus konnte, lud er die Welt zu sich ein und sensibilisierte für Barrierefreiheit. Er war ein geübter Geschichtenerzähler, mit leichtem Hang zum angenehmen Abschweifen. Beim Klönen war die Zeit schnell vergessen, während wir uns von einem zum nächsten spannenden Thema hangelten. Auf die Frage „Wie tief möchtest du in das Rabbit-Hole?“ gab es eine abendfüllende Antwort: „tief“.
Seine pragmatische Art machte auch nicht vor der Tastatur halt. Flexibilität schätzte er sehr, geistig und körperlich. So erweiterte sein Rolli seine Welt. Kennzeichnend war ein Wille zum selbstbestimmten Leben und seine Kraft, dieses auch umzusetzen – auch über Hindernisse hinweg.
„Dieser Satz kein Verb“ – Sprache und Kommunikation lagen ihm am Herzen. Forscherdrang und Neugier trieben ihn an. Er fand viele Lösungen, haderte manchmal mit sich und der Welt, war sperrig, innovativ und voller Herzenswärme. Winni wandelte auf den Gedankenpfaden anderer, dachte diese neu, spann Fäden weiter, informierte sich, teilte sein Wissen. Manchmal lautete die Antwort auch nur „Sii, Jo oder Ja.“
Winni gehörte zu den ersten, welche die Macht der Vernetzung durch das gemeinsame digitale Datenreisen begriffen. Schon früh fand er auf den Congressen seine Wahlfamilie und steuerte manch klugen Gedanken bei. Ein kleiner globaler Dorfbrunnen fand sich bei der „t42“, Winnis Plattform, die er zuerst als Mailbox, nachher als Webseite betrieb – im realen Leben an einem runden Tisch, stets bei einer guten Kanne Tee. Die Welt seiner Wahlfamilie, Freunde, Pfleger und Assistenten füllte er mit mehr Farben. 2012 wurde er schließlich Ehrenmitglied im CCC.
Kurz vor seinem letzten Geburtstag sprach er klar, mit fester Stimme: „Ich wäre jetzt bereit zu gehen." Eine neue Dimension erwartete ihn schon. „Wenn ich sterbe, lebe ich anders weiter.“ Auf jeden Fall in unseren Herzen.
„Dunkel war's, der Mond schien helle,
Schneebedeckt die grüne Flur,
als ein Wagen blitzesschnelle,
langsam um die Ecke fuhr.
Drinnen saßen stehend Leute
Schweigend ins Gespräch vertieft.“
(Verfasser unbekannt, Scherzgedicht um 1850)
(*) Orginal: „An de Eck steiht 'n Jung mit'n Tüddelband..
..Hett nich weeh doon, is'n Klacks för so’n Hamborger Jung ..“