Was viele lange befürchtet haben, wird nun Realität: Ab heute werden biometrische Merkmale aus Reisepässen bei jeder Ein- und Ausreise aus dem Schengenraum vollständig und systematisch gegen zentrale Datenbanken abgeglichen. Eine Änderung des EU-Grenzkodexes schreibt dies nun vor. Dagegen hilft nur das Deaktivieren des Chips im Reisepass.
Unter dem fadenscheinigen und abgenutzten Deckmantel der Terrorismusabwehr wird ein neues zentrales Überwachungsinstrument für biometrische Daten geschaffen. Die nun obligatorische Überprüfung aller Reisenden stellt einen Paradigmenwechsel dar: Eine Erfassung der persönlichen biometrischen Merkmale gleicht einer automatischen erkennungsdienstlichen Behandlung bei jedem Grenzübertritt. Zukünftig werden alle Reisenden schlicht wie Kriminelle behandelt – unabhängig davon, ob sie EU-Bürger sind oder nicht.
Besorgniserregend ist vor allem der technische Hintergrund dieser Kontrollen: Um bei jeder Kontrolle von Reisepässen die biometrischen Daten abgleichen zu können, muss eine zentrale Erfassungsstelle für Biometrie-Daten errichtet werden. Die Schaffung einer solchen zentralen Biometrie-Datenbank wurde bei der Einführung der Reisepässe kategorisch ausgeschlossen und steht auch im Widerspruch zum Passgesetz. Die Bundesdruckerei vernichtet daher alle Daten nach der Herstellung des Passes. Die nun eingeführte Erfassung aller Pässe setzt jedoch eine Rückgewinnungsmaschinerie für diese Daten in Gang.
Das bei der Einführung des elektronischen Reisepasses 2005 erlassene Gesetz legt ausdrücklich fest, dass die auf in den Reisepässen gespeicherten Daten nur genutzt werden dürfen, um in Anwesenheit und mit Wissen des Besitzers zu überprüfen, ob der Besitzer auch der legitime Inhaber ist. Diese Grenze wird nun gezielt überschritten und zu einem automatisierten Verfahren umgebaut.
Die Anpassung des Grenzkodexes leitet damit ein neues Verfahren ein, welches durch die Politik in der Vergangenheit vehement ausgeschlossen wurde: Reisepässe werden von reinen Ausweis- nun zu zentralisierten Überwachungsinstrumenten der körpereigenen Merkmale der Menschen.
Die einzige Möglichkeit, sich als unbescholtener Bürger dieser unrechtmäßigen Überprüfung zu entziehen, ist die Deaktivierung des Mikrochips im Pass. Die Wartezeiten können damit leider nicht reduziert werden.
Wir haben ein kurzes Demonstrationsvideo erstellt, das zeigt, wie der Chip zerstört werden kann. [0] Ein kurzer Puls einer normalen Induktionsherdplatte zerstört den Chip – ohne sichtbare Spuren zu hinterlassen. Das Auslesen der biometrischen Daten ist dann unmöglich. Diese Pulse werden von Induktionsherden abgegeben, wenn sich kein Kochgeschirr auf der Platte befindet. Um sicherzustellen, dass das Deaktivieren erfolgreich war, sollte der Reisepass vorher und nachher mit einem Lesegerät geprüft werden. Dies ist beispielsweise mit einem Basisleser für den ePerso oder mit einem NFC-fähigen Smartphone möglich.
Alle Reisepässe bleiben auch ohne funktionierenden RFID-Chip weiterhin gültige Ausweisdokumente.
Nachfragen und Erfahrungsberichte bitte an: biometrie(at)ccc.de
Links:
[0] Demonstrationsvideo für das Deaktivieren des Chips beim Reisepass (mp4)
[1] taz.de: EU-Bürger werden nun systematisch überprüft
[2] Demonstrationsvideo für das Deaktivieren des Chips beim Personalausweis (mov)