Die Welt hat sich in den letzten 42 Jahren verändert, seit der Chaos Computer Club angetreten ist, die Wirkung von technologischer Entwicklung auf Menschen und Gesellschaft zu begleiten. Technik und elektronische Kommunikation sind inzwischen eine treibende Kraft und ermöglichen viele neue Entwicklungen.
Der schöpferisch-kritische Umgang mit Computern ist ein Thema, das alle Menschen angeht. In dem Maße, in dem sich die Öffentlichkeit mit dem Hacken beschäftigt, steigt für uns der Anspruch, Werte zu vermitteln und die Gesellschaft in unserem Sinne positiv zu beeinflussen.
Am 8. Mai 1945 befreiten die Alliierten Deutschland vom Nationalsozialismus. Die deutsche Mordmaschine wurde militärisch vollständig zerschlagen. Vollkommen wertfreie Gespräche über Technik um ihrer selbst Willen und ohne Blick auf die gesellschaftlichen Folgen, sind unmöglich. Die Logistik des Holocausts wurde beispielsweise durch Hollerith-Lochkartenmaschinen vorangetrieben. Züge rollten auf ausgeklügelten Eisenbahnnetzen in die Vernichtungslager. Technikverliebte Nazi-Ingenieure bastelten an „Vergeltungswaffen“.
Der CCC hat immer klargestellt, dass sorgsames Verhalten eine Voraussetzung zum Hacken ist. Der Anspruch „öffentliche Daten nützen, private Daten schützen“ gilt für alle – auch für Unternehmen und Verwaltung.
Für uns ist die Hackerethik mehr als eine unverbindliche Anleitung zum ethischen Handeln. Sie fordert uns auf, die scheinbaren Gegebenheiten zu hinterfragen und Autoritäten zu misstrauen, denn hinter dem Schein liegt die Wahrheit. Wir abstrahieren von Äußerlichkeiten. Wir verbessern Strukturen und Abläufe, um die Gesellschaft im Sinne der Hackerethik zu formen.
In beinahe naiver Überzeugung waren wir davon ausgegangen, dass bereits die Auseinandersetzung mit der Maschine dazu führt, die Welt für alle Menschen besser zu machen. Das allein reicht allerdings nicht aus.
Offenheit ist stets ein Prinzip des Chaos Computer Clubs. Wir nehmen gern Menschen mit neuen Ideen und Sichtweisen auf, solange sie nicht mit unseren Werten in Konflikt geraten. Diese Menschen bereichern den Club um neue Themen und tragen zur Vielfalt bei. Themen wie Menschenrechte, Geschlechtervielfalt, Nachhaltigkeit und Klimawandel sowie die Beschäftigung mit Machtmissbrauch, Überwachung, Technologiefolgenabschätzung, freier Software und Hardware, freiem Wissen, Informationsfreiheit, Staatstrojanern und Wahlcomputern haben den „Hackerverein“ der 1980er Jahre weiterentwickelt.
Offenheit ist aber keine Beliebigkeit. Auch wenn sich Offenheit als nützlich herausgestellt hat, dürfen ihre Grenzen und unsere historischen Wurzeln nicht vergessen werden. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass nationalistische Inhalte erneut in die Gesellschaft drängen und rechter Extremismus, rassistische Ausgrenzung und soziale Ausbeutung zunehmen. Es geht beim Hacken um mehr als nur Lötkolben und Software. Es geht um die Verwirklichung einer besseren und freien Gesellschaft. Unser Horizont geht weit über den Bildschirmrand hinaus.
Wir sind eine galaktische Gemeinschaft von Lebewesen, unabhängig von Alter, Geschlecht und Abstammung sowie gesellschaftlicher Stellung, die sich grenzüberschreitend für Informationsfreiheit einsetzt und mit den Auswirkungen von Technologien auf die Gesellschaft sowie das einzelne Lebewesen beschäftigt und das Wissen um diese Entwicklung fördert. Wer Ideen von Rassismus, Ausgrenzung und damit verbundener struktureller und körperlicher Gewalt vertritt, hat sich vom Dialog verabschiedet und ist jenseits unserer Akzeptanzgrenze. Wer es darauf anlegt, das Zusammenleben in der Gesellschaft zu zerstören, und auf eine alternative Gesellschaft hinarbeitet, deren Grundsätze auf Chauvinismus und Nationalismus beruhen, arbeitet gegen die Grundsätze, die uns als Club verbinden.
Der CCC erklärt das Vertreten von Rassismus und Faschismus sowie die Verharmlosung von Gewalt für unvereinbar mit einer Mitgliedschaft.
Beschlossen im Fritz-Bauer-Saal, Saalbau Gallus, 6. April 2025