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copy kills capitalism

2004-11-30 00:00:00,

Mit dem Einbruch des digitalen Zeitalters wird die Verfügungsgewalt einiger weniger über von vielen erbrachten geistigen Output immer mehr in Frage gestellt. Immer mehr Menschen können Zugriff auf Wissensgüter nehmen, immer mehr Menschen können Wissensgüter für alle einspeisen.

Kulturelles Zentrum zur Förderung emanzipatorischer Gesellschaftskritik und Lebensart, Gieszer 16, Leipzig

Jedoch: Spätestens mit dem Durchbruch der kapitalistischen Gesellschaftsordnung wurden Methoden der Wissensordnung eingeführt, die auf Vermarktung von geistigen Gütern abzielten.

 

Das Urheberrecht oder Copyright oder das Patentrecht stehen dafür beispielhaft. Wird die Sicherung eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen dem Verfügungsrecht der Urheberinnen über das von ihnen geschaffene Werk einerseits und dem Zugang der Öffentlichkeit zu Wissensschätzen anderseits als grundsätzliche Intention des kontinentaleuropäischen Urheberrechtes dargestellt, stellt sich das in der Realität anders dar: Urheberinnen übertragen die Rechte an ihren Werken in der Regel an privatwirtschaftliche Unternehmen, die sich um beispielsweise um Aufbereitung und Vertrieb der Werke kümmern – für den Musikbereich haben wir es global mit einem extrem monopolisierten, von derzeit vier Konzernen diktierten Markt zu tun. Dazu kommen die sogenannten Verwertungsgesellschaften, die über Vervielfältigung und Aufführung von Kulturgütern wachen. Ist die Rechte-Industrie natürlich, rein monetär betrachtet, klare Profiteurin des industriellen Kunstbetriebes, diktiert sie vielmehr auch den ästhetischen Trend und verhindert kritischen Gehalt von Kunstwerken.

Theodor W. Adorno resümierte 1963: "Werden die Massen, zu Unrecht, von oben als Massen geschmäht, so ist es nicht zum letzten die Kulturindustrie, die sie zu den Massen macht, die sie dann verachtet, und sie an der Emanzipation verhindert, zu der die Menschen selbst so reif wären, wie die produktiven Kräfte des Zeitalters sie erlauben."

In der sich technologisch revolutionierenden Gegenwart verschieben sich die Konstellationen zwischen den verschiedenen Akteuren der Wissensordnung immer mehr: Internetvermittelte globale Kommunikationsmöglichkeiten machen die in der kapitalistischen Realität zentralen Rechteverwalterinnen von künstlerischen Gütern überflüssig. Diese Gewißheit veranlaßt letztere, zu harten Mitteln zu greifen.

Digital Right Management ist eine der Speerspitzen des restriktiven Eingriffes in die Wissenslandschaft, eine Technologie, die auf Datenträger sowie auf digitalisierte Informationsgüter ausgetauschte Stücke aufgesetzt werden kann und totale Kontrolle für Rezipientinnen von Kunstwerken nach sich zieht.

Vor diesem Hintergrund bilden sich verschiedenen Vorschläge, die im Kern auf freie Entfaltung und freien Zugriff auf Wissensgüter abzielen. Die Musik-Flaterate, von attac in die Diskussion gebracht (die den per Pauschalabgabe auf Internetzugänge legalisierten Zugriff auf Kulturgüter einführen will), die Creative Commons Licence (die das Copyright umdrehen und den freien Zugriff auf Produkte von Wissensarbeit unentgeltlich und zur Umgestaltung legalisieren will) oder nicht zuletzt die grundsätzliche Forderung nach einem freien Zugriff auf Informationsgüter.

Um pragmatische und visionäre Ansätze soll es am 22. Januar 2005 in der Gieszerstr. 16 gehen. Was denken eigentlich Künstlerinnen über die gegenwärtigen Debatten über die Verfügung über ihre Werke? Wie lösungsorientiert oder reaktionär sind Forderungen nach Pauschalabgaben auf Internetzugänge? Wie steht es um die (kompromißlose) Forderung nach grundsätzlicher Freiheit von Informationen?

Es diskutieren: Stefan Merten (Kaiserslautern, Projekt Oekonux – Freie Software als Keimform einer emanzipatorischen Gesellschaft), Oliver Moldenhauer (AG Wissensallemende, attac), Matze Schmidt (Berlin, Kultur- und Medienprojekt n0name).

Konzert mit: Katzenstreik (Emo-Punk, Göttingen), Eher uncool (Diskurs-Pop, Roßwein), Zone 13 (Hardcore, Chemnitz) und anderen.

Veranstaltet von Roter Baum e. V., Leipzig, Redaktion "linksdrehendes radio" auf Radio blau und der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

Weitere Infos gibt es unter: http://www.deine-denkfabrik.de