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„E-Mail Made in Germany“: Das Sommermärchen von der sicheren E-Mail

2013-08-09 14:12:00, 46halbe

Während der Diskussionen um PRISM, Tempora und XKeyScore scheinen nun die ersten Betreiber von Webmail-Diensten aufzuwachen. So haben zwei der größten E-Mail-Anbieter in Deutschland angekündigt, ab 2014 alle E-Mail-Zugänge auf verschlüsselte Verbindungen umzustellen.

Dabei setzen die Anbieter nach eigenen Angaben auf den Einsatz von SSL/TLS-gesicherten Verbindungen, um künftig E-Mails zwischen ihren Servern und den Nutzern verschlüsselt auszutauschen. Unklar bleibt dabei, ob auch andere Anbieter – so wie etwa der von erfahrenen Nutzern selbst betriebene Mailserver – von diesen verschlüsselten Verbindungen profitieren können.

Der Chaos Computer Club (CCC) begrüßt die Absicht dieser Unternehmen, den E-Mailverkehr ihrer Kunden auf dem Transportweg künftig zu verschlüsseln. Warum die zugrundeliegende Technologie, die immerhin seit Ende der 1990er Jahre existiert, nicht schon seit Jahren Anwendung findet, verraten die Anbieter allerdings nicht. Was bei Konkurrenten schon seit Jahren zum Standard gehört – eine erzwungene Verschlüsselung beim Zugriff auf das eigene E-Mail-Konto –, wird nun werbewirksam als technologischer Vorstoß und Novum verkauft.

Das Anpreisen der Neuerungen unter dem Namen „E-Mail Made in Germany“ [1] klingt nach dem etwas verzweifelten Versuch, das grandios gescheiterte Projekt „De-Mail“ wieder ins Rampenlicht zu rücken. Tatsächlich weisen die Anbieter auf ihrer Webseite darauf hin, daß De-Mail das neue Verfahren in Sachen „Features“ noch übertreffen soll.

Der angebliche Vorstoß ist in Wahrheit wohl nur ein schamloses Spiel mit dem gesteigerten Problembewußtsein der Nutzer, das sich durch den NSA-Skandal verändert hat. Daß die E-Mail-Anbieter nun mit dieser betagten Technologie um die Ecke kommen und sie als bahnbrechende Innovation verkaufen wollen, hat allenfalls einen gewissen humoristischen Effekt.

Den Nutzern der E-Mail-Dienste wird jedoch vorenthalten, daß eine Verschlüsselung der Verbindung zwischen den Anbietern noch nicht bedeutet, daß die E-Mails dort auch verschlüsselt abgelegt werden. Vielmehr hat der NSA-Skandal gezeigt, daß zentralisierte Dienste als nicht vertrauenswürdig anzusehen sind, wenn es um den Zugriff der Geheimdienste geht. Letztlich verhindern die eingesetzten Technologien nicht die Einrichtung von „Abhörschnittstellen“ im System. Der Anbieter und befreundete Geheimdienste haben nach wie vor vollen Zugriff auf die Inhalte der E-Mails und können diese somit auch vollständig auswerten.

Der CCC empfiehlt weiterhin eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung via GnuPG/PGP oder S/MIME als sinnvolles Mittel, um Fremdzugriffe auf E-Mails zu verhindern.

Statt wirklicher Sicherheit verbreiten die Anbieter durch niedliche Deutschland-Wimpel bei vermeintlich sicheren Mails immerhin ein wenig Wohlfühlatmosphäre, durch die man sich schnell an das „Sommermärchen“ vor einigen Jahren erinnert. Hoffen wir, daß das Thema Mail-Verschlüsselung langlebiger sein wird.

Links:

[1] https://www.e-mail-made-in-germany.de/